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Schreitl, Judith (2013): Ungleiche demografische Geschlechterverhältnisse in Indien.

Über die Rolle reproduktiver Technologien und staatlicher Interventionen in der Entwicklung des Frauenmangels im nordwestindischen Kontext

Diese Diplomarbeit widmet sich dem Thema des Mädchen- und Frauenmangels im Nordwesten Indiens, seinem Entstehungskontext, seiner Entwicklung sowie staatlichen Maßnahmen der Bekämpfung des demografischen Ungleichverhältnisses in Form von Gesetzen. Im Mittelpunkt steht die Beantwortung der Frage, inwiefern der Einsatz pränataler Geschlechtsdiagnostik und damit verbundene geschlechtsspezifische Abtreibungen von Mädchen als Ursache für den nordwestindischen Frauenmangel gesehen werden können. In weiterer Folge wird die Frage beantwortet, welche Rolle Gesetze, in Form des Pre-Natal Diagnostic Techniques (Prohibition of Sex Selection) Act sowie dessen Amendments, in der Bekämpfung des Frauen- bzw. Mädchenmangels einnehmen. In Kombination mit den staatlichen Eingriffen in Familienplanung und dem ausgeübten politischen Druck von staatlicher Seite auf die indische Gesellschaft wurden Pränataldiagnostik und selektive Abtreibung das Mittel zur Einhaltung des vom Staat propagierten Kleinfamilienideals bei gleichzeitiger Verfolgung persönlicher und gesellschaftlicher Interessen, die in der Präferenz von Söhnen besteht. Gleichzeitig zeigt sich durch den breit gespannten zeitlichen Bogen der Arbeit ein breites Kontinuum von Gewalt an Mädchen und Frauen, das bereits seit der britischen Kolonialzeit in jeweils anderen Erscheinungsformen zu Tage tritt. Daraus wird ersichtlich, dass die Aufrechterhaltung weiblicher Diskriminierung zwar nicht auf Technologien wie Pränataldiagnostik und selektive Abtreibung angewiesen ist, diese jedoch Höchstleistungen ermöglicht haben, was Ausmaße und Effektivität von Gewalt an Mädchen betrifft, wie es auch in den asymmetrischen Geschlechterproportionen der zehnjährlich durchgeführten Bevölkerungserhebungen in Indien ablesbar ist. Im Bezug auf den PNDT Act und dessen Amendments kann festgehalten werden, dass das Gesetz nicht die Ursachen der Mädchen- und Frauenknappheit ins Blickfeld nimmt, sondern primär die Symptome weiblicher Diskriminierung, sodass die gesamtgesellschaftlichen Erfolgspotenziale des Gesetzes selbst bei effektiver Implementierung stark eingeschränkt sind.

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