In eigener Sache: Jour fixes ...
Der Jour fixe von feminIEsta am 11.12.2015 war wieder als kleinere Lese- und Diskussionsrunde organisiert; Thema diesmal Feministische und queerpolitische Kommentare zu Anschlägen und „Terrorakten“. Wir haben uns mit Kommentaren von Judith Butler und Sabine Hark aus Anlass der Anschläge im November in Paris beschäftigt, weiters mit einem Blog-Text von Scott Long zum Statement „ISIS kills gays“ sowie mit einem bemerkenswert aktuell wirkenden Kommentar einer Gruppe feministischer Wissenschaftler*innen (an West-Coast-Unis der USA) unmittelbar nach dem 11.09.2001.
Der nächste Jour fixe findet in der letzten Februarwoche statt. Interessent_innen bitte einfach nachfragen! feminiesta@univie.ac.at
… und ein Blogpost
Stacheldrahtzäune, eurozentrische Gewaltdiskurse, Flucht & „Hilfe“: Passend auch zum Thema unseres letzten Jour fixe empfehlen wir den Beitrag Nur über Flucht und Terror kann eine jetzt schreiben im Blog der Feministischen Studien. Die Verfasserin (Hanna Hacker) freut sich über inspirierte Kommentare.
Klima/Abkommen: „Gender equality was erased from the core of the agreement“
Wie kommentieren Aktivist_innen aus entwicklungspolitischen Organisationen die Verabschiedung des Klima-Abkommens der COP 21 im Dezember 2015, offiziell ja als großer „weltpolitischer“ Durchbruch gefeiert und vor dem Hintergrund rigoroser Demo-Verbote in Paris ausverhandelt? Im Vorfeld hatten viele Gruppierungen eine feministische/ gendersensible Perspektive auf Klimapolitiken eingefordert, beispielsweise das Asia Pacific Forum on Women, Law and Development oder die European Women’s Lobby.
WEDO (Women’s Environment and Development Organisation) war dann eine der ersten, die in einem „Reality Check“ zum Abkommen festhielt:
„We need to recognize that this agreement prioritizes the voices of a few, that the demands and interests of a majority of developing countries have been traded in. That the recognition of human rights and gender equality was erased from the core of the agreement. (…) This agreement fundamentally does not address the needs of the most vulnerable countries, communities and people of the world. It fails to address the structures of injustice and inequality which have caused the climate crises (…). [W]e are not protecting food security but instead are protecting food production (…). [T]he Paris Agreement served to undermine the concept of international solidarity”.
feminIEsta würde umfassendere feministisch-queer-postkolonial-entwicklungskritische Analysen des COP 21 sehr begrüßen! ;-)
Trans/Debatten 1: „Why do white academics speak for trans people of colour?”
„Why do men kill trans women of color?“ Das Webmagazin broadly hat im Dezember 2015 hierzu Judith Butler interviewt (und sie dabei wenig gelungen als „beloved philosopher“ vorgestellt, die uns alles zum Thema „erklären“ könne). Im Interview fordert Butler unter anderem eine stärkere Allianz antirassistischer, antitransfeindlicher und Women-of-Color-feministischer Bewegungen bzw. Analysen ein. Trans*Aktivist_innen of Color reagierten mit viel Unbehagen. So weist die koreanisch-südafrikanische Blogger*in HeJin Kim vehement das implizite Ignorieren der Tatsache zurück, dass es die angesprochenen intersektionellen politischen Praktiken ja doch schon längst gibt. Mehr als ärgerlich sei der „continuing trend of privileged, white academics speaking for communities they do not belong to“.
Trans/Debatten 2: „Trans als Trend ist schon eine krasse Nummer“
Einen anders fokussierten Disput zu Trans*-Politiken gab es kürzlich in deutschsprachigen Medien. Die Zeit veröffentlichte am 14.12.2015 einen Gastkommentar unter der Überschrift Der Trend zu Trans, dessen Autorin den ihrer Wahrnehmung nach modischen und immer häufigeren „Geschlechtswechsel“ von ehemals „sich männlich gebärdenden lesbischen Frauen“ zu „waschechten Typen“ aus „feministischer Sicht“ beklagt. Die weder butch- noch trans- noch überhaupt besonders freundliche und sehr undifferenzierte Schreibhaltung erzeugte Unmut in den sozialen Netzwerken. Mit ausführlichen Plädoyers für einen komplexeren Gender-Begriff, der sich an Vielfältigkeit, Trans-Identifikation, Solidarität und queerfeministischem Begehren orientiert, replizierten z. B. die Blogs von „Teile des Ganzen“ und von „Miss Mindfuck“.
Was feminIEsta hier auffällt: Whiteness ist in diesen Positionierungen allerdings überhaupt kein reflektiertes Thema. „Class“ ebensowenig. Noch auch die geopolitisch doch sehr spezifische Verortung der Diskutant_innen in westeuropäischen Metropolen. Mehr als schade!
Leseempfehlungen: eine Mini-Auswahl
Anderl, Gabriele/Usaty, Simon (Hg.) (2016): Schleppen, Schleusen, Helfen. Flucht zwischen Rettung und Ausbeutung. Wien: Mandelbaum [im Erscheinen]
Hark, Sabine/Villa, Paula-Irene (Hg.) (2015): Anti-Genderismus. Sexualität und Geschlecht als Schauplätze aktueller politischer Auseinandersetzungen. Bielefeld: Transcript
Malvern, Sue/Koureas, Gabriel (Hg.) (2014): Terrorist Transgressions. Gender and the Visual Culture of the Terrorist. London – New York: I. B. Tauris
„The Non-Exotic Erotic: Questions of Desire and Representation“. Kohl. Journal for Body and Gender Research, 1, 2, Winter 2015
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