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Heteronormative Konzepte von ‘Empowering Work’ in der nicaraguanischen EZA

Dissertationsprojekt (Stefanie Girstmair)

In meinem Forschungsprojekt untersuche ich das Verhältnis zwischen Mikrofinanzprogrammen und heteronormativer Entwicklungszusammenarbeit am Beispiel von Mikrofinanz-Institutionen in Nicaragua.

Das Projekt versteht sich als Beitrag zu den Debatten rund um Heteronormativität in der EZA, die – wie die Kontroverse um die ugandische „anti-gay“-Gesetzgebung gezeigt hat – zunehmend Beachtung von globalen Entwicklungsakteur*innnen findet. In meinem Projekt möchte ich die Perspektive dieser Debatten erweitern und untersuchen, wie Entwicklungsakteur*innen, und insbesondere Mikrofinanzinstiutionen, selbst an der Produktion heteronormativer sozialer Beziehungen beteiligt sind.

Zu diesem Zweck beziehe ich mich auf queer-theoretische Arbeiten in der Entwicklungsforschung, und insbesondere auf Kate Bedfords (2009) Thesen: (1) Entwicklungs-Policies unterliegen einem Wandel, der sich durch die Sorge um nicht-heteronormative Haushalte auszeichnet. (2) Diese Haushalte werden als instabil, ineffizient und unfähig, ihre Mitglieder gegen Risiken abzusichern, wahrgenommen. (3) Um „Entwicklung“ zu fördern, müssen nicht-heteronormative Haushalte in rationale und selbständige Kleinfamilien umgewandelt werden, die dem heteronormativen Ideal einer modernen Familie entsprechen.

Um diese Thesen theoretisch zu fassen, verstehe ich Entwicklung als ein Dispositiv im foucaultschen Sinne. Die Forschungsperspektive priorisiert die Analyse des Wandels der Entwicklung-Policies seit den 1990ern wie auch die Analyse des Verhältnisses zwischen der Makro- (Diskurs) und der Mikroebene (Entwicklungspraxis) von „Entwicklung“.

In Übereinstimmung mit der theoretischen Rahmung führe ich eine Dispositivanalyse, bestehend aus einer kritischen Diskursanalyse und einem ethnographischen Ansatz, durch. (1) Auf der diskursiven Ebene werde ich rekonstruieren, wie es dazu kommt, dass bestimmte Haushaltskonstellationen als „normale Familien“ verstanden werden, und wie Abweichungen von dieser Norm zum Gegenstand von Entwicklungsbemühungen werden. (2) Auf der Ebene der nicht-diskursiven Praktiken untersuche ich, wie mittels Sozialkapitalbildungs-Ansätzen (insbesondere „finanzielle Bildungs“-Programme) auf nicht-heteronormative Familien eingewirkt wird, und wie diese sich wiederum zu diesen Ansätzen verhalten. (3) Durch die Bestimmung dessen, was in der kritischen Diskursanalye „institutioneller Rahmen“ genannt wird, untersuche ich das Verhältnis zwischen den Sozialkapitalbildungs-Ansätzen der Mikrofinanz-Institutionen und den heteronormativen Policies anderer bedeutender Entwicklungsakteur*innen (der Weltbank, der nicaraguanischen Regierung).

Das Ziel der Studie ist schließlich die Beantwortung folgender Fragestellung: Lässt sich im Entwicklungsdispositiv eine Verschiebung hin zur Produktion von rationalen heteronormativen Kleinfamilien feststellen?

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